Sparkasse – Mehr als eine Bank

Ein Satz, der klingt, als wäre er heute entstanden: inklusiv, gleichberechtigt, niemanden diskriminierend und allgemein gültig. Geschrieben wurde er aber 1819, von einem katholischen Pfarrer und einem jüdischen Bankier, die ihn in der Gründungsurkunde der „Erste oesterreichische Spar-Casse“ als Grundsatz festlegten.

Seit über 200 Jahren bildet er das Leitmotiv der Sparkassen und definiert ihr Ziel, dazu beizutragen, Wohlstand für wirklich alle zu schaffen. Das ist heute genauso wenig selbstverständlich wie 1819, auch wenn sich seither vieles verbessert hat.

Niemand wird ausgeschlossen

Die Idee einer Sparkasse ist so einfach wie revolutionär: Jede und jeder soll die Möglichkeit haben, auch kleine Summen an Geld an einem sicheren Ort ansparen zu können, dafür Zinsen zu erhalten und sie jederzeit wieder ausbezahlt zu bekommen.

Revolutionär war diese Idee, weil sie in einer Zeit entstand, in der nur der Staat und Monarchien, größere Unternehmen und das finanzkräftige Bürgertum Zugang zu Banken und ihren Dienstleistungen hatten. Rund 90 Prozent der Bevölkerung waren davon ausgeschlossen. Verloren sie ihre Arbeit, fing sie kein Sozialnetz auf. Geld für Notsituationen konnten sie, wenn überhaupt, nur zuhause ansparen. An diese Mehrheit richteten sich erstmals die Sparkassen.

Die Sparkassen-Idee hat ihren Ursprung in England (1697), die erste englische Savings Bank wurde 1699 gegründet. In Kontinentaleuropa dauerte es bis 1778 bevor die ersten Sparkassen in Hamburg und Bern (1787) gegründet wurden. Von dort verbreitete sich die Idee nach Wien (1819). Hier waren es Pfarrer Johann Baptist Weber und der Nationalbanker Bernhard von Eskeles, die mit dem Kapital wohlhabender Wiener Bürger und Aristokraten am 4. Oktober 1819 die Erste oesterreichische Spar-Casse gründeten. Auch sie verfolgten damit das einfache, aber revolutionäre Ziel, das sie in der Gründungsurkunde so formulierten: 

Dem Gemeinwohl verpflichtet

Das erfolgreiche Wiener Modell verbreitet sich in Folge in der ganzen Donau-Monarchie. Aber auch im Rest Europas werden zahlreiche neue Sparkassen gegründet. Um 1830 gab es rund 700 Sparkassen, die ihren Beitrag dazu leisteten, Wohlstand zu verbreiten. Nach und nach entwickelte sich so ein Mittelstand.

In Österreich entstanden die meisten Sparkassen, nachdem 1844 ein Sparkassenregulativ die rechtlichen Grundlagen dafür festlegte. Nicht nur in ihrem Geschäftsmodell, sondern auch in ihrer Geschäftsform waren die Sparkassen revolutionär: Sie schütteten ihre Gewinne nicht an einen Eigentümer aus, sondern waren der Gemeinnützigkeit verpflichtet. Sparkassen wurden vor allem von Gemeinden oder Vereinen gegründet, um den Menschen in ihrer Region zu dienen. Aufgrund ihres Leitmotivs trotzten sie erfolgreich Weltkriegen, mehreren Weltwirtschaftskrisen inklusive Börsenkrach sowie Zeiten von Hyperinflation und Null-Zinsphasen.

Für eine Zäsur in der Geschichte der Sparkassen sorgte allerdings der Nationalsozialismus. Nach dem Anschluss Österreichs wurden die Österreichischen Sparkassen in die deutsche Sparkassenorganisation eingegliedert.

Dieses Kapitel ihrer Geschichte arbeiteten die Österreichischen Sparkassen ab 1999 auf, um sich ihrer Verantwortung stellen zu können. Rund zwei Drittel der von Arisierungen und Enteignungen Betroffenen konnten von der Erste Bank identifiziert und rückwirkend entschädigt werden - soweit das mit finanziellen Mitteln möglich ist.

Verantwortung und Wandel

Nach Ende des zweiten Weltkriegs und neuerlicher Hyperinflation gelang es den Banken nur langsam, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen. So wie sie zunächst die Entwicklung des Mittelstands förderten, trugen sie dann zum Wiederaufbau der 1950er-Jahre bei. Sie wurden größer, technisch moderner und durch das Sparkassengesetz von 1979 Banken in vielen Dingen gleichgestellt. Politische Reformen in den Jahren danach setzten diese Entwicklung fort. Ab 1989 konnten die Sparkassen das operative Geschäft in eine Bank Aktiengesellschaft einbringen. Die verbleibenden eigentümerlosen Sparkassen wurden zu Anteilsverwaltungssparkassen, die weiterhin mit ihren Anteilen an der operativen Sparkasse für das jeweilige Ergebnis haften.
Erst nach mehreren Übernahmen und Umstrukturierungen nahm der Sparkassensektor in Österreich seine aktuelle Form als Sparkassengruppe an. Die „Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG“ wurde zur Lead Bank des Sektors, der sich in weiterer Folge auch nach außen einheitlich präsentierte.

Die Grundsätze der Sparkassen blieben immer erhalten:

  • der Auftrag der Gemeinnützigkeit, indem sie eine „Widmungsrücklage“ für rein gemeinnützige Zwecke bilden
  • die Eigentümerlosigkeit der Anteilsverwaltungsparkassen(AVS), die Ende der 1990er-Jahre in ebenfalls eigentümerlose Sparkassenstiftungen umgewandelt werden konnten. Letztere dürfen die an sie ausgezahlten Dividenden dann ebenfalls nur für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zur Verfügung stellen. Mittlerweile sind die meisten AVS zu Sparkassenstiftungen umgewandelt worden
  • das Selbstverständnis, aus einer Region heraus die Menschen in einer Region dabei zu unterstützen, ihren Wohlstand zu sichern
  • die soziale Verantwortung gegenüber Mitarbeiter:innen, Kund:innen, der Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit
  • den Zugang zu Finanzdienstleistungen für wirklich alle Menschen zu gewährleisten, den die „Zweite Sparkasse“ seit 2006 gemeinsam mit Partner-Organisationen und aus den Mitteln der ERSTE Stiftung als Gemeinwohlbank auch jenen ermöglicht, die sonst keinen Zugang dazu hätten
  • der Profit steht nicht über den Interessen der Kund:innen. Sparkassen-Banking ist für den gesamten Finanzsektor ein Vorzeigemodell für Transparenz, Stabilität und Einfachheit

Sparkassen und ihre Eigentümerinnen

Das Modell der Österreichischen Sparkassengruppe mit einerseits operativ tätigen Sparkassen - mehrheitlich bereits in der Gestalt einer (Sparkassen)Aktiengesellschaft und ihren Eigentümerinnen, den Sparkassenstiftungen und AVS andererseits, ist einzigartig. Keine andere Bankengruppe in Europa kann von sich behaupten, unter dem bestimmenden Einfluss von Eigentümerinnen zu stehen, die ausschließlich dem Gemeinnützigkeitsgedanken unterliegen.

Nicht die Sparkassen haben eine Stiftung, sondern die gemeinnützigen Sparkassenstiftungen und AVS sind die Eigentümerinnen von Sparkassen. Dies ist Garantie dafür, dass die dem Gründungsgedanken von Sparkassen innewohnende Verpflichtung auch gemeinnützig tätig zu sein, nicht nur in den Stiftungen und AVS umgesetzt wird, sondern über ihre Eigentümerinnen die Grundwerte einer Sparkasse auch dauerhaft in den Sparkassen AGs sichergestellt werden.

Sparkassenstiftungen und AVS, als unabhängige und eigentümerlose Institute, sind die Trägerinnen und Übersetzerinnen des Sparkassengedankens für zukünftige gesellschaftliche Herausforderungen und Veränderungen.

Haftungsverbund und Eigentümer-Syndikat

Als die Erste Group 1997 unter der Leitung von Andreas Treichl, damals noch als „Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG“, an die Börse ging, legte sie den Grundstein für die Expansion der folgenden Jahre. Durch bernahmen in Ungarn, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Serbien, Kroatien, Slowenien, Bosnien, Mazedonien und Rumänien kamen viele Banken in die Gruppe, die ihren Ursprung in der „Erste oesterreichische Spar-Casse“ hatten, aber nach Zerfall der Donaumonarchie ihre eigene Geschichte geschrieben hatten. Gemeinsam gelang es, in Vielfalt vereint, ein neues europäisches Erfolgskapitel - als größte Finanzinstitution der CEE-Region - aufzuschlagen.

So wie ihre Strategien, haben die Sparkassen auch ihr Kooperationsmodell immer wieder erfolgreich an neue Entwicklungen und Erfordernisse angepasst.

2001 beschlossen die Österreichischen Sparkassen gemeinsam mit der Erste Group, einen Haftungsverbund zu bilden. Die Sparkassen stehen seither mit ihrer wirtschaftlichen Substanz gegenseitig für ihren Fortbestand ein. Aus einer Gruppe einzelner Sparkassen wurde die Sparkassengruppe. Sie bietet gemeinsam entwickelte Produkte an, durch die alle Sparkassen- Kund:innen schnell von den Innovationen und Stärken einzelner Sparkassen profitieren und koordiniert ihre Vermarktung. Sie verfügt über eine gemeinsame Risikobewertung sowie ein Frühwarnsystem, durch das Sparkassen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Verbund schnell und effizient Hilfe erhalten. Das erhöht insgesamt die Sicherheit für alle Sparkassen/HVMitglieder und schafft die notwendigen Voraussetzungen, um die 200-jährige Erfolgsgeschichte - ohne Spareinlagenverlust von Kund:innen - erfolgreich fortzuschreiben!

Zum Haftungsverbund als Kooperationsmodell im operativen Bereich, ist für die Sparkassen die Zusammenarbeit auf Eigentümerseite dazugekommen. Die operativen Sparkassen, die Sparkassenstiftungen, die AVS sowie die ERSTE Stiftung gründeten ein Syndikat aus Erste Group-Aktionärinnen. Dessen Ziel ist es, immer wieder ihre Struktur, Organisation oder Form der Zusammenarbeit anzupassen.

Das Syndikat hält aktuell knapp über 25 Prozent der Anteile an der Erste Group und ist damit der mit Abstand größte und bestimmende Eigentümer der Erste Group.

Sparkassengruppe und Erste Group

Verschiedenste gesetzliche und regulatorische Änderungen und Rahmenbedingungen zwangen die Sparkassengruppe immer wieder ihre Struktur, Organisation oder Form der Zusammenarbeit anzupassen. Die letzte und von ihren Auswirkungen bedeutendste Änderung wurde 2014 mit dem Abschluss eines Vertrages vollzogen, der zur Bildung einer gesellschaftsrechtlich konsolidierten Bankengruppe – eines Vertragskonzerns – führte. Wesentlichstes Element des Vertragskonzerns ist es, dass der Erste Group in bestimmten Geschäftsbereichen einer Sparkasse Einfluss-, Steuerungs- und in einigen Fällen auch Entscheidungsmöglichkeiten zuerkannt werden, ohne über entsprechende Beteiligungen an der Sparkasse zu verfügen. Es ist ein in Europa einzigartiges Modell.

Die Sparkassengruppe repräsentiert den geglückten Versuch, ihren Grundsätzen und ihrem gesellschaftlichen Auftrag über Jahrhunderte gerecht zu werden, ohne deshalb an Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen oder die regionale Verbundenheit ihrer Institutionen und die damit einhergehende Verantwortung zugunsten der Optimierung von Profit einzutauschen.

49 Sparkassen und Sparkassen-AGs, 35 Sparkassenstiftungen und 8 AVS arbeiten weiterhin daran, ihren Sparkassengründungsgedanken zu verwirklichen und ihren Kund:innen durch modernes Banking zu Wohlstand zu verhelfen sowie über gemeinnütziges Engagement das Gemeinwohl zugunsten der Menschen in ihrer Region zu fördern.

Am Anfang stand eine einfache, aber revolutionäre Idee. Die Geschichte zeigt, dass sie immer wieder verteidigt und in der Umsetzung erneuert werden muss. Dafür arbeiten und setzen sich die Sparkassengruppe und ihre Mitarbeiter:innen tagtäglich ein!

25 Jahre Börsengang der Erste Group - 25 Years Since Erste Group’s Going Public